Die Huforthopädie und ihre Ziele
Weiterentwickelt und konkretisiert mit der Chevalance Huforthopädie©
Als ich vor vielen Jahren zum ersten mal von der „Huforthopädie“ gehört habe, hatte ich nur eine vage Vorstellung davon, was das eigentlich sein könnte. Ich hatte zwar nur gutes gehört, aber eine eindeutige Definition ließ sich einfach nicht finden. Und genau das war der Haken der allgemein bekannten Huforthopädie, einer zweifelsfrei guten Hufbearbeitungsmethode.
Wenn es Dir genauso geht wie mir damals, dann bist Du hier genau richtig. Im folgenden Beitrag erkläre ich Dir nicht nur, was man unter der allgemein bekannten Huforthopädie versteht und wie ich sie mit der Chevalance Huforthopädie© weiterentwickelt und konkretisiert habe. Ich zeige Dir außerdem, welche Ziele die Chevalance Huforthopädie© verfolgt und wie man damit dauerhaft vitale Hufe erreichen kann.
Die allgemein bekannte Huforthopädie
Die heute allgemein bekannte Huforthopädie geht auf den Begründer Jochen Biernat zurück, der diesen Begriff geprägt hat, indem er sich bis zu seinem Tod im Jahr 2019 mit der ausführlichen Analyse von Hufen und deren Heilung beschäftigt und seine daraus entwickelte Methode an Interessierte weitergegeben hat. Da die Bezeichnung „Huforthopädie“ weder ein geschützter noch ein eindeutig definierter Begriff ist, wird er sozusagen inflationär verwendet. Etliche Hufbearbeiter nennen sich also Huforthopäde, arbeiten aber nicht nach dem Konzept des Begründers. Das führt immer wieder zu Missverständnissen. Da es außerdem keine staatlich zertifizierte Ausbildung zum Huforthopäden gibt, können viele nicht einschätzen, was eigentlich die Huforthopädie genau ist. Deshalb möchte ich etwas Licht ins Dunkel bringen und meine Einschätzung dazu teilen.
In der allgemein bekannten Huforthopädie nach Jochen Biernat geht es darum, einen Huf durch eine regelmäßige Bearbeitung schonend wieder in Balance zu bringen, ohne abrupten Stellungswechsel. Deformierungen sollen gestoppt oder bestenfalls rückgängig gemacht werden. Durch eine gezielte Abriebsteuerung sollen die weniger belasteten Hufwandabschnitte nach der Bearbeitung mehr abgerieben werden als die mehr belasteten Hufwandabschnitte, wodurch sich der Huf selbstständig ausbalancieren kann. Zusätzlich soll die Tragfähigkeit der weniger belasteten Hufwandabschnitte verbessert werden, damit sie die anderen Hufwandabschnitte entlasten. Hierzu gibt es allerdings mehrere Ansätze von unterschiedlichen huforthopädischen Vereinigungen. Die einen formen die Hufwand geschwungen wie ein Reetdach, die anderen mit geradem Verlauf. Ein wesentliches Merkmal der allgemein bekannten Huforthopädie ist außerdem, dass die Hufwand einen ausreichend hohen Tragrand haben soll, damit die dämpfende Funktion der Hufwand in Verbindung mit dem dahinterliegenden elastischen Hufbeinträger die einwirkenden Kräfte abfedern kann. Der Tragrand soll dabei nicht zu hoch sein, damit auf die Hufwand keine deformierenden Hebelkräfte einwirken können. Hohe Tragrandüberstände werden mediolateral (seitlich) gleichmäßig und auf keinen Fall ungleichmäßig gekürzt, denn die mediolaterale Balance soll durch die oben beschriebene Abriebsteuerung schonend erreicht werden. Die Verwendung eines Beschlages ist nicht vorgesehen.
Wie genau die Bearbeitung der allgemein bekannten Huforthopädie in den vielen unterschiedlichen Hufsituationen durchgeführt werden soll, ist nach meinen Recherchen weder dokumentiert noch nachzulesen – das gleiche gilt für die exakte Befundung, auf deren Basis die Hufe bearbeitet werden sollen. Dieses Wissen wird durch Lehre weitergegeben und kann nur in einer staatlich nicht geprüften Berufsausbildung zum Huforthopäden bei einer der mir bekannten Organisationen erlernt werden, die es im deutschsprachigen Raum gibt. Im Fokus dieser traditionellen Ausbildungsangebote steht der betreute praktische Unterricht auf einem Ausbildungshof mit von den Besitzern zur Verfügung gestellten Pferden. Nach dem theoretischen Unterricht können die Auszubildenden dort ihre ersten praktischen Erfahrungen sammeln und unter Aufsicht von erfahrenen Huforthopäden ihre handwerklichen Fähigkeiten erarbeiten. Der Vorteil liegt auf der Hand: Die Ausbilder können umgehend eingreifen und den Schülern helfen, wenn sie Fragen haben oder praktische Unterstützung benötigen. Während der Ausbildungszeit erstellen die Auszubildenden zusätzlich ein Berichtsheft und absolvieren Praktika, eine Zwischen- und eine Abschlussprüfung, ähnlich wie bei staatlich anerkannten Lehrberufen.
Ein solides Ausbildungskonzept, das aber auch Nachteile hat. Die Teilnehmerzahl ist meist auf eine kleine Gruppe begrenzt, weshalb nur wenige das notwendige Wissen und die entsprechenden Fähigkeiten der Huforthopädie erlernen können. Das ist schade für die Pferdewelt und ein Geduldspiel, wenn man Huforthopäde werden möchte, aber die Kurse bereits ausgebucht sind oder sehr weit weg vom Wohnort stattfinden. Die Anreise ist deshalb meist aufwendig und die Kursteilnahme teuer. Hinzu kommen didaktische Schwächen. Wird man am Praxistag einmal abgelenkt, könnte man bei der Demonstration eines Ausbilders etwas verpassen. Möglicherweise wird man auch nicht die ganze Zeit betreut, weil die Anzahl der Ausbilder beschränkt ist oder die Aufnahmefähigkeit abnimmt, weshalb man nicht alle notwendigen Informationen aufnehmen kann. Ergänzend zu dem beschriebenen, traditionellen Ausbildungskonzept, bieten einige Organisationen Webinare zu bestimmten theoretischen Kenntnissen an. Die detaillierte Befundung und die exakte Bearbeitung werden aber nach meinen Recherchen nicht online unterrichtet.
Die Chevalance Huforthopädie©
Die Chevalance Huforthopädie© zeichnet sich vor allem durch eine exakte Schritt-für-Schritt-Anleitung zur Befundung, die man auch als Symptome-Lexikon bezeichnen könnte, und durch eine exakte Schritt-für-Schritt-Anleitung zur Bearbeitung von Equiden-Hufen aus. Im Gegensatz zur allgemein bekannten Huforthopädie werden Befundung und Bearbeitung damit konkret beschrieben, wodurch unzählige Diskussionen über eine unkonkrete Vorgehensweise verhindert werden. Sollte sich außerdem in der Praxis irgendwann einmal zeigen, dass es Lücken oder Schwächen in diesen Anleitungen geben sollte, dann können die Anleitungen weiterentwickelt und entsprechend verbessert werden. Nur so wird es zukünftig möglich sein, die beste Hufbearbeitungsmethode zum Wohle der Pferde zu entwickeln – eine grundlegende Bestrebung der Chevalance Huforthopädie©. Bisher haben sich die Anleitungen allerdings bewährt, denn mit dem darin beschriebenen Vorgehen konnte ich in den letzten Jahren vielen Pferden zu gesunden, ausbalancierten Hufen verhelfen und ihnen ein schmerzfreies Barhuflaufen ermöglichen.
Da Hufe beim Auftreten physikalischen Einflüssen ausgesetzt sind, sorgen Druck-, Hebel- und Zugkräfte auf unterschiedlichen Untergründen für deren Deformierung. Um dieser Deformierung entgegenzuwirken und dadurch eine optimale Belastungssituation entweder zu erhalten oder wieder herzustellen und außerdem mögliche Probleme zu vermeiden, gibt es die Chevalance Huforthopädie©.
Leben Pferde in einer Herde in der Natur, legen sie viele Dutzend Kilometer am Tag zurück, wodurch ihre Hufe normalerweise ausreichend abgerieben werden. So wirken auf die Hufwand meist nur geringe Hebelkräfte, wodurch die Hufe sich nicht erheblich deformieren. Zwar gibt es in der Natur auch andere Fälle, bei denen die Hufwand weniger abgerieben wird und die Hufe dadurch so schlimm deformieren, dass solche Pferde der natürlichen Selektion unterliegen und versterben, doch diese Fälle sind wesentlich seltener.
Die Pferde in der menschlichen Zivilisation leben im Vergleich zu den Naturpferden in einer domestizierten Welt, wodurch ihre Bewegung meist eingeschränkt ist und die Hufe, wie oben beschrieben, oft wenig abgerieben werden und deformieren. Um dieser Problematik entgegenzuwirken, verfolgt die Chevalance Huforthopädie© die folgenden Ziele:
- Die Hufe von domestizierten Equiden sollen regelmäßig, jede vierte bis fünfte Woche, überprüft und anschließend belastungsgerecht und präzise bearbeitet werden, um Deformierungen der Hufe zu vermeiden oder wieder rückgängig zu machen und eine optimale Belastung herzustellen.
- Abrupte Stellungsänderungen, die zu einer Überlastung der inneren Hufstrukturen wie beispielsweise der Hufknorpel, der Sehnen, der Bänder, der Lederhaut oder des Hufbeinträgers führen können, müssen vermieden werden.
- Stattdessen soll mithilfe einer angepassten Tragrandbreite der Abrieb so gesteuert werden, dass sich der Huf bis zur nächsten Bearbeitung Schritt für Schritt schonend ausbalancieren kann, ohne eine abrupte Umstellung.
- Die gleichmäßige Belastung der medialen und der lateralen Hufhälfte soll somit erreicht werden, die sogenannte mediolaterale Balance.
- Außerdem soll die gleichmäßige Belastung der Zehe vorne und der Trachten hinten erreicht werden, die sogenannte longitudinale (Längsrichtung) Balance. Dafür soll die Huf-Fessel-Achse ungebrochen sein und die Spannung der tiefen Beugesehne physiologisch angemessen.
- Eine harmonisch rund-ovale Schalenform der Hufwand (abhängig vom individuellen Huftyp) von Trachte zu Trachte soll erreicht werden, um die optimale Stabilität der Hornkapsel zu erhalten oder wiederherzustellen.
- Die auf den Huf einwirkenden Kräfte sollen in der Stützbeinphase mittig in den Huf eingeleitet und somit optimal aufgenommen werden.
- Der Tragrand der Hufwand soll in Verbindung mit dem Hufbeinträger optimal die Last des Pferdekörpers tragen und die einwirkenden Kräfte abfedern, so ähnlich wie bei einem Trampolin die Stützen in Verbindung mit den Gummibändern und dem Sprungnetz.
- Hebelkräfte, die auf die Hufwandabschnitte einwirken, sollen auf ein Minimum reduziert werden.
Nicht immer können diese Ziele vollumfänglich erreicht werden, zum Beispiel dann, wenn sich die inneren Strukturen eines Hufes oder der Knochensäule darüber bereits wesentlich der bisherigen Belastung angepasst haben. In solchen Fällen soll stattdessen das individuelle Optimum des Hufes angestrebt werden, das automatisch erreicht wird, wenn ein Huf regelmäßig huforthopädisch bearbeitet wird, wie im Beitrag Die Chevalance Huforthopädie© beschrieben.
Bei all diesen Bestrebungen ist das wichtigste Ziel der Chevalance Huforthopädie© aber das Folgende: Ein Pferd soll nach der Bearbeitung besser oder wenigstens genauso gut Laufen wie zuvor!
Leider kann auch dieses Ziel nicht immer erreicht werden, beispielsweise bei einer Umstellung von Beschlag auf Barhuf oder nach der ersten Bearbeitung eines Hufes mit extrem langen und deformierten Hufwandabschnitten. In diesen Fällen stößt die Elastizität eines Hufes manchmal durch eine ungewollte Stellungsveränderung einmalig an ihre Grenzen. Spätestens ab der zweiten Bearbeitung sollte das beschriebene Ziel aber unbedingt erreicht werden.
Haben Personen das komplette Ausbildungsprogramm der Chevalance Huforthopädie© durchlaufen, sollten sie außerdem einem Tierarzt auf dessen Anweisung hin in bestimmten Situationen helfen können. Durch ihre detaillierten anatomischen Kenntnisse vom Huf und durch ihre erlernten handwerklichen Fähigkeiten und Fertigkeiten, sollten sie in der Lage sein, einen Huf entweder belastungsgerecht und verletzungsfrei zu bearbeiten oder einen notwendigen Verband anzulegen. Solche Situationen könnten beispielsweise Hufrehe, Hufgeschwüre, Hufrollenentzündungen, Sohlenlederhautentzündungen oder Strahlfäule sein. Diese und weitere Situationen sind im Beitrag Hilfe bei Hufproblemen aufgelistet.
Aufgrund der Herausforderungen eines traditionellen Ausbildungsmodells, wurde das Ausbildungsprogramm der Chevalance Huforthopädie© um einen Online-Kurs, Webinare, eine Online-Sprechstunde und um das Buch „Vitale Hufe“ ergänzt. Mithilfe dieser Angebote, die umfangreiche Lehr-Videos enthalten, soll es interessierten Personen ermöglicht werden, sich selbstständig die notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten anzueignen – verständlich, zeitlich und geografisch unabhängig und durch entsprechende Gefahrenhinweise mit dem höchstmöglichen Maß an Sicherheit für alle Beteiligten.
Hier geht`s zu den entsprechenden Produkten.
Wie man die beschriebenen Ziele in die Tat umsetzt, erfährst Du im folgenden Beitrag.





