Auswirkungen eines Beschlags

Schon zu Beginn, als ich mit der Pferdehaltung begann, kam es mir ziemlich komisch vor, dass die meisten Pferdehalter fast wie selbstverständlich die Hufe ihrer Pferde beschlagen liesen. Ich dachte mir: Moment mal, Pferde werden doch nicht mit Beschlag geboren, warum also beschlägt man die Hufe dennoch? Schnell wurde mir klar, dass das meist aus alten Traditionen heraus, aus Unwissenheit und aus Eigennutz passierte. Denn der Beschlag bietet dem Pferdebesitzer zwei angenehme Vorteile:

  • Aufgrund eines Beschlages wird der Tastsinn der Sohle extrem reduziert, wodurch das Pferd problemlos über Schotterwege gehen kann.
  • Außerdem verhindert der Beschlag, dass ein zu langer Tragrand ausbrechen und nach außen weghebeln kann. Das vermindert das Aufreißen des Hufbeinträgers, was bei einem Barhuf gehenden Pferd mit zu langem Tragrand schmerzhaft sein kann.

Leider wird von vielen ignoriert, dass ein Beschlag langfristig meist sehr negative Folgen haben kann. Welche das sind und warum man deshalb besser den Beschlag weg lässt, erkläre ich Dir im folgenden Beitrag.

Der Beschlag elemiert die natürliche Funktion

Entfernte Hufeisen nach der Umstellung von Beschlag auf Barhuf

Kennt man die Anatomie eines Hufes und weiß um dessen Funktionalität, dann ist klar, dass nur ein Barhuf ein gesunder Huf sein kann. Sogar das Hufbeschlagsgesetzt gibt dazu Hinweise, in dem die historische Entwicklung, weg vom standardisierten Eisen, beschrieben ist:

"[...] In der Zeit bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs erfolgte der Schutz des Pferdehufs gegen übermäßige Belastung durch auf den Huf genagelte Hufeisen. Dies entsprach der damaligen Beanspruchung der Pferde als Zug-, Last- und Nutztiere. Mit der danach einsetzenden zunehmenden Bedeutung von Pferden als Freizeit- und Sporttieren und der Entwicklung neuer Beschlagmaterialien stellte sich der Eisenbeschlag als nicht mehr unbedingt geboten, teilweise auch als nicht mehr erwünscht dar. Es bildeten sich neben der Anbringung von Eisenbeschlägen alternative Formen der Hufversorgung heraus, bei denen entweder auf dauerhaft angebrachte Hufschutzmaterialien völlig verzichtet wird oder Materialien Verwendung finden, deren Herstellung oder Zurichtung für den Hufschutz nicht auf einem metallverarbeitenden Vorgang beruht. [...]"

Quelle: https://www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/rs20070703_1bvr218606.html

Da das Barhufgehen mit etlichen Vorteilen einhergeht, ist in nur seltenen Situationen ein Hufschutz sinnvoll. Das gilt vor allem dann, wenn der Huf mehr abgerieben wird, als Horn nachwachsen kann. In diesem Fall sollte allerdings unbedingt auf einen dauerhaften Hufschutz verzichtet werden, um die Vorteile des Barhufgehens trotzdem nutzen zu können. Es bietet sich die Verwendung von Hufschuhen an, die in dem abriebstarken Zeitraum, zum Beispiel beim Ausreiten auf Schotterwegen, verwendet werden können. In manchen Situationen ist für einige Tage auch ein Polsterverband als Hufschutz sinnvoll, beispielsweise bei einem akuten Hufreheschub oder einer akuten Sohlenlederhautentzündung.

Die Kombination zwischen Barhufgehen und einer regelmäßigen, belastungsgerechten Bearbeitung ist die optimale Lösung für die Hufe von Equiden, wie die Erfahrung gezeigt hat. Verwendet man dennoch einen Beschlag, wirkt sich dieser wie folgt aus. Um einen Beschlag sicher befestigen zu können, werden Tragrand, Hufbeinrandhorn und Sohlenrand gekürzt, um eine ebene Fläche zu schaffen, auf der das Eisen befestigt werden kann. Somit wird die Anpassungsfähigkeit der Hufe an Bodenunebenheiten extrem eingeschränkt.

Die Funktion des Hufbeinträgers, der die Hufwand mit dem Hufbein verbindet und die einwirkenden Kräfte abfedert, wird nahezu vollständig ausgeschaltet – ähnlich wie bei einem Trampolin ohne Stützen, bei dem das normalerweise federnde Netz auf dem Boden liegen würde. Seitliche Bodenunebenheiten können entweder gar nicht mehr oder nur bedingt ausgeglichen werden, abhängig vom Beschlagsmaterial. Die Elastizität eines Hufes wird mit einem Beschlag also fast komplett eliminiert, was unter anderem zu einer reduzierten Durchblutung führt. Die Folge dessen ist meist eine qualitativ schlechtere Hornproduktion, durch die das Horn oft bröselig wird und an Tragfähigkeit verliert.

Leider bringt ein Beschlag noch weitere Nachteile mit sich. Bei etlichen Barhufumstellungen zeigte sich beispielsweise, dass der erhöhte Abrieb im Trachtenbereich zu einer Überstreckung des Huf- und/oder Krongelenks führen kann. Außerdem werden die Scharniergelenke eines Pferdebeines ungünstig belastet, Wachstumsreize werden vermindert, die Hufpflege erschwert, die Rutsch- und die Verletzungsgefahr für Pferd und Mensch erhöhen sich. Auch der Tastsinn der Sohle wird durch einen Beschlag sehr eingeschränkt, wodurch die Pferde oft schonungsloser mit ihren Gliedmaßen umgehen. Bei der Beschlagserneuerung wird der Huf abrupt umgestellt, was zu einer erhöhten Belastung der Sehnen und Bänder führt. Das Aufbrennen des Eisens zerstört das Horn und schaltet die Kapillarwirkung der Hornröhrchen aus. Hinzu kommt, dass die Nagellöcher das Eindringen von Bakterien und Keimen ermöglichen.

Der Hufbeschlag erfreut sich dennoch einer hohen Beliebtheit, da er für den Pferdebesitzer zwei wesentliche Vorteile bietet, die allerdings langfristig Nachteile für das Pferd bedeuten (wie oben beschrieben). Aufgrund eines Beschlages wird der Tastsinn der Sohle extrem reduziert, wodurch das Pferd problemlos über Schotterwege gehen kann. Außerdem verhindert der Beschlag, dass ein zu langer Tragrand ausbrechen und nach außen weghebeln kann. Das vermindert das Aufreißen des Hufbeinträgers, was bei einem Barhuf gehenden Pferd mit zu langem Tragrand schmerzhaft sein kann.

Ein Hufbeschlag ist nur in einem Fall sinnvoll, und zwar bei einer Fraktur des Hufbeines, das mit einem Beschlag bis zu seiner Heilung ruhig gestellt werden kann – ähnlich, wie mit einer Schiene einen gebrochenen Mittelfinger.

Wie man ein Pferd von einem Beschlag auf Barhuf umstellen sollte, erfährst Du über die folgende Schaltfläche.